Der Mann im Salz by Ludwig Ganghofer

Der Mann im Salz by Ludwig Ganghofer

Autor:Ludwig Ganghofer
Format: epub
Herausgeber: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf.


Teil 2

* * *

1

Die Leute, die zu Grödig vor den Häusern standen, sahen ihm verwundert nach. Ein junger, schmucker Bursch, hoch gewachsen und schlank, von Gesundheit strotzend, mit festen Schultern. Dazu ein Gesicht, erschöpft und bleich, mit verstörten Augen. Und Schritte machte er wie ein Flüchtling, hinter dem der Blutbann her ist.

»Mensch«, sagte ein alter Bauer über die Gartenplanke zu seinem Nachbar, »der hat entweder ein böses Stück getan oder will eins tun!«

»Kann auch der Beste sein!« meinte der andere, ein Schmied in rußigem Schurzfell, mit tiefliegenden Augen in einem verbitterten Gesicht. »Heutigentags muß oft einer rennen, auf den unser Herrgott mit guten Augen herunterschaut. Was ist mein Mädel für ein braves Ding gewesen!« An den Wimpern des Schmiedes glitzerte etwas.

Der alte Bauer machte scheue Augen und setzte das Gespräch nicht fort. Er guckte dem jungen Menschen wieder nach. »Der muß ein Jäger sein!«

Das war am Weidgehenk und an der grünen Tracht zu erraten. Auf der Hubertuskappe saß die Weihenfeder, die nur der weidgerechte Jäger tragen durfte. Und schmuck sah das aus: dieser schlanke Körper in den wehenden Pluderhosen und in dem kurzen schmiegsamen Spenzer, über den sich der weiße Leinenkragen breit herauslegte. Ein kräftig gebildetes Jünglingsgesicht, die Wangen umkräuselt von einem jungen, dunklen Bart, mit braunen Augen, so nußbraun wie die Haarsträhnen, die, von Schweiß durchfeuchtet und mit Staub behangen, dick unter der grünen Kappe herausquollen. Bei einer Biegung der Straße blieb der Jäger wie ein müd Zerbrochener stehen, preßte die Fäuste auf seine Brust, wandte das verstörte Gesicht und blickte über die Straße zurück, gegen Salzburg.

Es war ein schöner Frühlingstag mit reiner Sonne, die aus der Mittagshöhe über den Untersberg herunterlachte auf das junge Grün der Wiesen und Felder. Am blauen Himmel keine Wolke. Dennoch lag es da draußen über den stolzen Zinnen der Bischofsfeste wie ein trüber, schwerer Dunst. Das war anzusehen, als wäre in der windstillen Luft der Rauch einer großen Brandstatt über den Dächern von Salzburg hängengeblieben.

Dem Jäger lief ein Schauer über den Nacken. In seinen Augen war ein entsetzter Blick, und jagenden Schrittes eilte er auf der Straße davon, den Bergen zu. Als er den Wald erreichte, der sich vom Untersberg auf steilen Gehängen niederschwang zu den ebenen Feldern, blieb er stehen. Er wollte sich nicht umschauen. Doch er mußte! Und als er über der Stadt da draußen dieses Dunkle wieder sah, das in den Lüften hing wie ein Riesenvogel mit grauem Gefieder, schlug er die Hände vor die Augen, sprang von der Straße wie ein Irrsinniger in den Schatten des Waldes, warf sich zu Boden und drückte das Gesicht ins Moos. Die Bilder, die ihn verfolgten, ließen sich nicht ersticken, nicht verjagen. Er dachte an alles, was ihm schön war an seinem jungen Leben. Aber kein Schönes, an das er sich zu denken zwang, verscheuchte ihm das Grauenvolle dieses Morgens. Immer sah er die quirlenden Wolken des schwarzen Rauches, die schürenden Freimannsknechte in ihren roten Wämsern, die lodernden Scheiterhaufen und an den Feuerpfählen die vier brennenden Menschen. Immer sah er dieses junge Mädchen



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.